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Befragung zu den Baukostensteigerungen im Sommer 2022 – und wie geht es jetzt weiter?

Autor: Wolfdietrich Kalusche

Im Herbst des letzten Jahres veröffentlichte das Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern (BKI) die Ergebnisse einer bundesweiten Telefonbefragung und einer bundesweiten Umfrage über die Architektenkammern bei Architektur- und Planungsbüros. Gegenstand war die Entwicklung der Preise von Bauleistungen von Mai 2020 bis Mai 2021 am Beispiel ausgewählter Bauleistungen (Leistungsbereiche nach STLB-Bau) von Mauer- und Betonarbeiten bis Niederspannungsanlagen und weiteren Installationen.

Die Ergebnisse wurden, unterschieden je nach Leistungsbereich und Bundesland, mit Prozentwerten angegeben. Nach Auswertung und Neuberechnung von Objekten durch BKI unter Berücksichtigung der prozentualen Steigerungen ergab sich eine durchschnittliche Teuerung bei den Bauwerkskosten (KG 300+400 nach DIN 276:2018-12) von ca. 10 Prozent pro Jahr.

Ziel war es, insbesondere Architekt*innen praktische Hilfestellungen für die aktuelle Kostenplanung zu geben. Auch Bauherren*innen konnten sich ein Bild von der Entwicklung der Preise von Bauleistungen machen.
(Siehe: Aktuelle Baukosten-Risiken und -Steigerungen (bki.de))

Wiederholte Befragung zu den Baukostensteigerungen 2022

Die bundesweite Befragung wurde dieses Jahr im Zeitraum von Mai bis Juni wiederholt. Die folgenden Leistungsbereiche (LB) wurden als relevant eingestuft. Die Ergebnisse der Befragung werden als Preissteigerungen im Bundesdurchschnitt angegeben.

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Es konnten darüber hinaus Angaben zu weiteren Leistungsbereichen gemacht werden.

Die Beteiligung der Architekt*innen war allerdings zu gering, um für alle Bundesländer repräsentative Aussagen treffen zu können. Für einige Leistungsbereiche wurden – besonders für die neuen Bundesländer – nur wenige oder keine Angaben gemacht.

Der Grund dafür ist sicher nicht geringes Interesse, sondern Unsicherheit infolge der schwierigen politischen Weltlage sowie der Verknappung von Rohstoffen und Energie.

Wie stellt sich die Preisentwicklung in der Statistik dar?

Kurz nach Abschluss der diesjährigen Umfrage veröffentlichte das Statistisches Bundesamt Deutschland den Preisindex für den Neubau von "Wohngebäude insgesamt" für das 2. Quartal 2022. Der Preisindex dient BKI zur Aktualisierung von Kostenwerten und steht allen Architekt*innen zur Fortschreibung von Kostenkennwerten und Kostenermittlungen zur Verfügung.

Der aktuelle Baupreisindex und die Daten aus den Vorjahren werden von BKI zum Ende jeden Quartals als Tabelle (Nettoreihe und Bruttoreihe) und als Grafik anschaulich dargestellt. (www.bki.de/baupreisindex)

Fasst man die Quartale der jeweiligen Jahre zusammen, kann man die Preissteigerung als Prozentwerte pro Jahr zum Ausdruck bringen.

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Tab. 1: Baupreissteigerungen im Zeitraum vom 1. Quartal 2006 bis zum 1. Quartal 2021 in Prozent; das 1. Quartal 2015 ist der aktuelle Basiswert = 100,0 Prozent.

In den letzten 15 Jahren haben sich die Preise für Bauleistungen gering verändert. Mit Preissteigerungen unter 3% pro Jahr – vergleiche in Tabelle 1 den Durchschnittswert 2,8 – können wir als Architekt*innen oder Bauherren*innen erfahrungsgemäß gut umgehen. So bildet es auch die Statistik ab. Ab dem Frühjahr 2019 wurde es jedoch bundesweit schwierig, auf die Ausschreibung von Bauleistungen ausreichend viele Angebote zu erhalten. Die Auslastung der Unternehmen war zunehmend hoch. Ein Preiswettbewerb fand kaum noch statt. Oft wurde kein Angebot abgegeben. In der Statistik bilden sich solche Entwicklungen mit Verzögerung ab. 

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Tab. 2: Baupreissteigerung im Jahreszeitraum vom 1. Quartal 2021 bis zum 1. Quartal 2022 in Prozent.

Die Ergebnisse der ersten Befragungen im Jahr 2021 zeigten einen Trend, der sich bis zum 1. Quartal 2022 fortgesetzt hat. Für den Verlauf eines Jahres zeigt die Statistik eine Preissteigerung in Höhe von 14,3 Prozent.

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Tab. 3: Baupreissteigerung im Quartalszeitraum vom 1. Quartal 2022 bis zum 2. Quartal 2022 in Prozent.

Allein im Zeitraum vom 1. Quartal 2022 bis zum 2. Quartal 2022 wurde eine Steigerung von 6,6 Prozent dokumentiert, woraus sich ein neuer Höchstwert von 17,6 Prozent pro Jahr ergibt. Wie sich die Preise weiter entwickeln werden, ist offen.

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Tab. 4: Baupreissteigerung im Jahreszeitraum vom 2. Quartal 2021 bis zum 2. Quartal 2022 in Prozent.

(Quelle: Statistisches Bundesamt Deutschland, Fachserie 17 Reihe 4, Preisindex für den Neubau von "Wohngebäude insgesamt", Wiesbaden, Tel. 0611 752405 oder www.destatis.de sowie Berechnungen des Autors)

Eine so dynamische Preisentwicklung hat es um 1970 in der (alten) Bundesrepublik schon einmal gegeben. Seinerzeit stiegen im Verlaufe eines Jahres die Preise von Bauleistungen auf rund 15 Prozent, auch die Kosten der Finanzierung waren – im Unterscheid zu heute – hoch. Die Bautätigkeit ging für einige Jahre stark zurück. Der Wohnungsbau kam zum Erliegen, insbesondere Ein- und Zweifamilienhäuser wurden kaum noch gebaut.

Es ist nicht auszuschließen, dass wir uns zurzeit in einer ähnlichen Situation befinden. Zumal Verunsicherungen in den Aktien- und Finanzmärkten zu beobachten sind.

Wie geht es jetzt weiter?

Bauherr*innen müssen sorgfältig prüfen, ob sie Investitionen riskieren wollen. Nur eine geringere Nachfrage nach Bauleistungen wird zu einer Beruhigung der Märkte und zu einer Stabilisierung führen. Ob in einigen Jahren vielleicht sogar die Preise für Bauleistungen wieder einmal sinken, bleibt zu hoffen.

Für unsere Bauherr*innen sind wir als Architekt*innen die Experten für das Planen und Bauen schlechthin. Wir schulden ihnen eine zutreffende Beratung über die voraussichtlichen Baukosten.

Zur Verbesserung der Kostentransparenz sollten frühzeitig und wiederholt Kostenrisiken identifiziert und bewertet werden. Kostenprognosen sollen auf den Zeitpunkt der Kostenfeststellung sind eine Hilfe für Entscheidungen über die Planung und für Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit und der Finanzierbarkeit.

Mit der Vereinbarung einer verbindlicher Kostenobergrenze in Architekten- und Ingenieurverträgen wurde in der Vergangenheit häufig versucht, das Kostenrisiko auf den Auftragnehmer zu überwälzen. In einer Zeit stark steigender Baupreise sollten Architekt*innen derartige Vereinbarungen nicht eingehen.

Autor

Univ.-Prof. (em.) Dr.-Ing. Wolfdietrich Kalusche
Architekt und Diplom-Wirtschaftsingenieur
BKI-Beirat

Stand: 22.07.2022

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